Heiligkreuzkirche Coburg

Die Heiligkreuzkirche ist eine der ältesten Kirchen Coburgs, deren seltsam anmutende Asymmetrie des Raumes das Ergebnis einer interessanten historischen und baugeschichtlichen Entwicklung ist.

Geschichtliche Entwicklung

Die erste urkundliche Nachricht findet sich im Jahr 1398: Der Rat der Stadt Coburg beschließt, an der Stätte, „die man nennt zum Heiligen Kreuz“, eine Kirche oder Kapelle zu bauen. Verschiedene „Zeichen und Wunder” sollen an dieser Stelle geschehen sein und lassen einen bereits bestehenden Ort der Verehrung vermuten. Dieser lag vor den Toren, außerhalb der Stadt, an der Furt einer stark frequentierten Heer- und Handelsstraße.

Die erste Kapelle, der heutige Chorraum, muss bereits in den ersten Jahren des 15. Jhd. ihren Dachstuhl bekommen haben. 1407 erhob der Würzburger Bischof Johann von Egloffstein das Gotteshaus zur selbständigen Pfarrkirche. Neben dem Pfarrer und einem Kaplan lasen fünf Vikarier an fünf Altären die Messen: einer war St. Wolfgang, einer den „Zwölf Boten”, zwei dem Hl. Wendelin und einer „Unserer lieben Frau” geweiht. Überlieferungen sprechen von letzterem als von einem wundertätigen Marienbild, das zusätzlich viele Gläubige anzog. Eine Kirchenerweiterung schien dringend nötig. Offensichtlich war eine doppeltürmige, dreischiffige Anlage geplant. Das Langhaus und das nördliche Seitenschiff wurden fertig, der Nordturm bis auf Seitenschiffhöhe aufgeführt. Unsichere Zeitläufe und schließlich die Einführung der Reformation brachten die Einkünfte aus Messen und Stiftungen und damit jegliche beabsichtigte Bautätigkeit endgültig zum Erliegen. Die Heiligenaltäre wurden aus der Kirche entfernt, der Pfarrer, Martin Burzel, trat zum evangelischen Bekenntnis über, Kaplan und Vikare wurden entlassen bei einer Rente auf Lebenszeit.

Nach der ersten Kirchenvisitation 1529 wurde sowohl die Selbständigkeit der Pfarrei als auch Pfarrer Burzel im Amt bestätigt. Aber bei der dritten Visitation kam das Aus. Nach dem Tod des Pfarrers Johannes Fessel (1557) sollte lediglich St. Moriz als Pfarrkirche gelten und nur noch dort die Sakramente gereicht werden.

Anfang des 18. Jhd. scheint die Kirche so baufällig geworden zu sein, dass eine „Hauptreparatur” dringend nötig schien. Damals erhielt das Gotteshaus sein heutiges Aussehen, stark beeinflusst vom sogenannten ‚Markgrafenstil´. Das gesamte Dach mit Dachreiter wurde völlig erneuert. Aus dem prunkvollen spätgotischen Hauptportal brach man die schmückenden Sandsteinelemente heraus. Sein spitzer Wimberg (ein gotischer Ziergiebel) wurde „abgespitzt”. Mit den Bruchstücken vermauerte man die gesamte Öffnung, bis auf den heutigen Haupteingang. Um dem Gebäude ein symmetrisches Aussehen zu geben, musste die Nordseite erhöht werden. Das Baumaterial dazu lieferten zum Teil die Säulen zum nördlichen Seitenschiff. Da die Emporen die gotischen Fenster verdecken, erhielt das neue Obergeschoss eine Fensterreihe im Stil des Spätbarock. Aus derselben Zeit stammen auch die ursprünglich drei, heute zwei Seitentüren. Der Kirchenraum bekam völlig neue Treppenaufgänge und Emporen.  Aus den alten Fenstern wurde das Maßwerk entfernt, um ein ‚helles Bethaus´ zu schaffen. Die heutige Flachdecke entstand an Stelle der alten, ramponierten Holztonnendecke. Ihre Stuckaturen fertigte der Coburger Johann Paul Reuß: sieben leere Medaillons sind symmetrisch über die Decke verteilt, dekoriert mit sparsamem Bandelwerk, Blumen, Ranken, Palmzweigen, Muscheln und flammenden Urnen. Die Kartuschen östlich und westlich des Mittelfeldes zeigen das sächsische Wappen unter dem Herzogshut und das Gottessymbol unter den verschlungenen Initialen der Herzöge von Sachsen- Coburg und Saalfeld („CE“ = Christian Ernst und „FJ“ = Franz Josias) mit der Jahreszahl 1736. Am 23. August 1739 konnte die Heiligkreuzkirche wieder eingeweiht werden, blieb aber eine an die Stadtgemeinde St. Moriz gebundene Vorstadtkirche.

Eine Aufwertung erfuhr die Kirche, nachdem sie 1870 Garnisonskirche des 3. Bataillons des 6. Thüringischen Infanterieregiments 95 wurde. Garnisonskirche blieb sie mit Unterbrechungen durch die wechselhaften Zeiten, bis zur Auflösung des Bundesgrenzschutzstandortes 1999.

Seit der Mitte des 19. Jhd. hatte sich die Stadt Coburg sprunghaft nach Norden ausgedehnt. Inmitten dieser weit ausgreifenden, neuen Vorstadt stand die Kirche HeiligKreuz. Im Ersten Weltkrieg war die zweite Glocke der Kirche eingezogen worden. Aus dem Wunsch heraus, Ersatz zu schaffen, bildete sich ein eingetragener Verein, die „Glockengemeinde zu HeiligKreuz”. Auch nachdem dieses Ziel bereits 1921 erreicht worden war, wurde beschlossen, die Vereinsarbeit weiter zu betreiben, mit dem Ziel, die Pfarrei HeiligKreuz wieder erstehen zu lassen. Ein Teilerfolg stellte sich ein: Taufen, Trauungen, Konfirmationen, Abendmahl, eine eigene Kantorei usw. wurden wieder zugelassen.

Die Zwangsauflösung der „Glockengemeinde” 1934, die in der nationalsozialistischen Gleichschaltung keinen Platz hatte, schien ein Rückschlag. Aber gerade deshalb konnte nach dem Zusammenbruch von den Siegern kein faschistischer Makel gefunden werden. Der Verein durfte früher als andere Einrichtungen seine Arbeit wieder aufnehmen.

Endlich, nach über 400 Jahren, am 27. Mai 1952, waren die Bemühungen von Erfolg gekrönt: Der Landeskirchenrat ließ die alte Evangelisch- Lutherische Pfarrei Coburg HeiligKreuz wiedererstehen.

 

Innenraum

Im Inneren wird die Kirche von den Ausstattungen des Umbaus aus dem Anfang des 18. Jhd. geprägt. Lediglich die Spitzbögen der Fenster und die zugemauerten Jochbögen der Südseite sowie der Chorraum zeugen noch von der spätgotischen Bauphase.

 

Der Chor

Der Chorraum ist der älteste Teil der Kirche und spiegelt den ursprünglich gotischen Charakter am ehesten wieder. Von den Fenstern, deren Maßwerk und bunte Gläser bereits bei den Umbauarbeiten des 18. Jhd. verloren gingen, wurde das dominierende Ostfenster 1931 von der Glockengemeinde, zwei weitere Seitenfenster 1935 von Zar Ferdinand von Bulgarien gestiftet.

 

Der Taufstein

Der bemerkenswerte Renaissancetaufstein stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem herzoglichen Stadtschloss, der Ehrenburg: Im Juni 1691 wurde er von Maurermeister Nikolaus Brückner hier aufgestellt. Sein Becken aus weißem Marmor zeigt in vier Reliefs Szenen aus dem Leben Jesu: Geburt, Besuch im Tempel, Taufe im Jordan und Kreuzigung. Die acht Engel, welche die Kuppa tragen, bestehen aus Stuck.

 

 

 

Die Orgel

Eine Orgel ist sicher bereits Anfang des 17. Jhd. vorhanden. Rechnungen bezeugen Reparaturen und Ergänzungen. Für das heutige Instrument musste erst eine eigene Orgelempore eingebaut werden. Lediglich der Prospekt, geschaffen vom Coburger Bildhauer Johann Christoph Hemmer, erinnert an die frühere Orgel von 1739.

In Folge der Renovierung der Kirche ab 1966 sah man sich veranlasst, eine neue Orgel in das alte Gehäuse einzubauen. Das geschah durch die Firma Ott, aus Göttingen. Das Orgelwerk, um zehn Register erweitert, und in der vorspringenden Orgelempore mit fünfteiligem Rückpositiv eingerichtet, wurde am 23. Februar 1969 eingeweiht.

Ernst Kienel, Mai 2016

 

Die Glocken

Über der Heiligkreuzkirche läutet was besonderes

Seit über 600 Jahren hängt sie, läutet und schlägt: Mittags um 12 Uhr, abends um 18 Uhr und zu den Gottesdiensten läutet sie, zu jeder vollen Stunde schlägt sie: Die Glocke Nummer eins, eine so genannte Evangelistenglocke, der HeiligKreuzKirche aus dem 14. Jahrhundert. Zusammen mit einer Glocke von 1921 ist sie über den Dächern von Coburg zu hören. „Auf dem Glockenhals stehen in gotischen Minuskeln die Namen der vier Evangelisten“, erläutert Kirchenkantor und amtlicher Glockensachverständiger der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Bayern, Sigurd Knopp und fügt schmunzelnd hinzu, dass es sich bei der besagten Glocke aber nur um ein „Glöckchen“ handelt, da sie bei einem Durchmesser von 71 Zentimetern gerade mal 220 Kilogramm „auf die Waage bringt.“ „Richtige“ Glocken schaffen es locker auf über 8000 Kilo. Trotz ihres hohen Alters wird die Glocke fortschrittlich betreut: „Eine hochmoderne elektronische Uhr löst das Läuten aus, die Zeiten werden einprogrammiert“, so der Experte. Sogar eine Fernbedienung befindet sich in der Sakristei, die Glocke ist auch manuell einschaltbar. Beide Glocken der Heiligkreuzkirche sind aus Bronze, sie bestehen zu 78 Prozent aus Kupfer und zu 22 Prozent aus Zinn.